Info-Broschüre Erinnerung verbindet Oder-Warthe

Die Entwicklung einer gemeinsam identifizierenden Dachmarke und Philosophie für die „Erinnerungs- stätten der Oder-Warthe Region“ bedingt die Auseinandersetzung mit dem Begriff „Erinnerung“, ge- nauso wie die Auseinandersetzung mit der Regionalgeschichte in allen Facetten. Nimmt man die drei Erinnerungs- schwerpunkte für sich, ist eine Be- griffsdefinition und Abgrenzung relativ einfach. Die Schwerpunkte grenzen gleichzeitig auch drei maß- geblich prägende Epochen gegen- einander ab. Erinnerung ist dabei vor allem im gemeinsamen historischen Kulturraum und zum Ende des Be- gegnungs- und Entdeckungsraums von technischen und gesellschaftli- chen Errungenschaften geprägt und dadurch positiv besetzt. Der Schicksalsraum birgt je nach Sichtweise ein eher ambivalentes Erinnerungspotenzial. Das Ende des Zweiten Weltkrieges prallte ab Januar 1945 durch eine der größten Schlachten Europas mit aller Wucht auf die Region und hinterließ tiefste Narben. Vor allem aber die anschließende Teilung in polnische und deutsche Staatsgebiete spaltete die Region und unterbrach den gemeinsamen Entwicklungsprozess für lange Zeit. Zudem ergaben sich nachfolgend durch staatlich autoritäre Prägun- gen zum Teil völlig unterschiedliche Perspektiven und Auffassungen zur gemeinsamen Geschichte, inklusive neuer Sprachbarrieren. Sieger, Ver- lierer, Helden, Opfer oder Täter sind dabei weit verbreitete Interpreta- tionsmuster. Das neue sozialistische Polen muss- te sich mit dem übernommenen deutschen Erbe östlich der Oder auseinandersetzen, nachdem das polnische Volk durch das NS-Re- gime Völkervernichtung, Unterdrü- ckung und Kulturvernichtung erlit- ten hat. Diese Auseinandersetzung läuft bis in die Gegenwart als eine Grundfrage der deutsch-polnischen Versöhnung sowie als eine Grund- frage in der Suche nach polnischer Identität und Identifizierung in den ehemaligen deutschen Gebieten. Das differenzierte Geschichtsver- ständnis ist die größte Herausfor- derung aber gleichzeitig auch das größte Spannungsmoment bei der Entwicklung einer gemeinsam iden- tifizierenden, grenzübergreifenden touristischen Dachmarke der „Stät- ten der Erinnerung“. Mit dem Projekt werden so nicht nur nationale Gren- zen, sondern auch Trennlinien der Erinnerungskultur überschritten. Das überwiegende internationale Interesse liegt offensichtlich in der Bedeutung der Oder-Warthe Re- gion als Erinnerungslandschaft für das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa, einhergehend mit der Zerschlagung der Nationalsozialis- tischen Diktatur an ihrem Ursprung. Der überraschende Mehrwert fin- det sich jedoch in den Umständen der erzwungenen parallelen gesell- schaftlichen Entwicklungen nach Kriegsende und den damit verbun- denen differenzierten Aufarbeitun- gen und Interpretationen der Ge- schichte, die bis heute nachwirken. Oder-Warthe Region - ein multiperspektivischer Erinnerungsraum Die großartige Chance des Projekts „Stätten der Erinnerung Oder-War- the“ besteht darin, die verschiede- nen erinnerungskulturellen Pers- pektiven miteinander in Austausch treten zu lassen. Die Region ist von regionalem, nationalem, als auch von internationalem touristischem Interesse. Philosophie und Methode

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