Info-Broschüre Erinnerung verbindet Oder-Warthe
Der gemeinsame historische Kul- turraum definiert sich über die Ge- schichte und das Kulturerbe der Oder-Warthe Region aus der Zeit vor 1933. Bedeutsam dabei ist, dass die Region seit ihrer Besiedelung bis 1945 fast nie durch Landesgren- zen getrennt war (z.B. Kurmark, Neu- mark, Lebuser Land, Brandenburg). Zahlreiche Erinnerungsorte reprä- sentieren heute das gemeinsame Geschichts- und Kulturerbe beider- seits der Grenze. Sie geben in ers- ter Linie Einblicke in den Alltag und die Kultur des ländlichen Raums oder erinnern an bedeutende Ent- wicklungen und Persönlichkeiten. Dazu zählen Ritterorden wie der Templerorden oder der Johanni- terorden, die beiderseits der Oder Ortschaften gründeten, Burgen, Schlösser und Kirchen bauten und Ländereien bewirtschafteten. Sie sorgten über Jahrhunderte für Arbeit und entwickelten ein Ge- sundheitswesen. Den „Spuren der Johanniter“ widmet sich ein neuer grenzübergreifender Rundweg in der Region. Die Trockenlegung des Oder- und Warthebruchs unter Preußens König Friedrich II. zählt zu den technischen und planerischen Meisterleistungen des 18. Jahrhunderts. Sie legte eine wichtige Basis für den wirtschaftli- chen Aufstieg der Region. Dauerhaft befahrbare, künstliche Schifffahrts- wege wie der Oder-Spree-Kanal, die Urbarmachung und Besiedelung der Warthe-Bruchlandschaft („Nowa Amerika“) auf rund 250 km² Fläche und schließlich die Anbindung an die Eisenbahn und die Stadtbahnen machten die weitere rasante, indus- trielle Entwicklung der Oder-Warthe Region möglich. Bahnbrechende Erfindungen (z.B. im Brandschutz), neue Technolo- gien (Landmaschinen, Kalköfen), neue industrielle Produktionsabläu- fe oder Reformen in der Agrar- und Wasserwirtschaft prägten die Re- gion nachhaltig. Berühmte Persön- lichkeiten und Künstler entwickelten zudem hier ihr Vermächtnis, darun- ter Walther Rathenau, Heinrich von Kleist, Theodor Fontane, Adelbert von Chamisso oder Albrecht Daniel Thaer. Aus Militärischen Konflikten und Bedrohungen vieler Epochen sind slawische Wallanlagen, Burgruinen, historische Schlachtfelder und neu- zeitliche Festungsmonumente in der Region erhalten, darunter das preußische Festungssystem Küst- rin oder die Burg Zantok. Der Drei- ßigjährige Krieg, der Siebenjährige Krieg, Napoleonische Kriege, Er- oberungen und Besatzungen sowie zum Teil der Erste Weltkrieg brach- ten Leid und Verwüstung an Oder und Warthe. Auf die Bedarfe des Militärs ent- wickelten sich aber auch ganze In- dustriezweige wie Ziegeleien und Kanonengießereien sowie eine aus- geprägte Verkehrsinfrastruktur. Das Erinnern an die spannende Re- gionalgeschichte wird beiderseits der Grenze durch Museen (z.B. Bad Freienwalde oder Międzyrzecz), durch Gedenksteine und museal vielfältig gestaltete Erlebnisorte er- möglicht. Archäologische Zeugnis- se, geschichtliche Zusammenhän- ge, Waffen und militärtechnische Exponate veranschaulichen das Spannungsfeld der Region zwi- schen Völkern, Adelshäusern und Nationen. Es ist heute nicht selbstverständlich, dass die Regionalgeschichte als ge- meinsame Geschichte anerkannt, bewahrt, repräsentiert und gelebt wird. Die Westverschiebung Polens (siehe Schicksalsraum) führte 1945 östlich der Oder zu Vertreibung Gemeinsamer historischer Kulturraum
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