Reiseführer "Erinnerung verbindet Region Oder-Warthe"

43 Geme i nsamer H i stor i scher Kulturraum Geme i nsamer H i stor i scher Kulturraum ständiger „regionaler Zweig“ des Johanniterordens, mit Zentrum in Sonnenburg, dem heutigen Słońsk. Die Balley Brandenburg fokussierte sich früh auf die Bewirtschaftung von Großgrundbesitz und grenzte sich dadurch schrittweise vom Hauptorden ab, der, zuletzt als Malteserorden, bis ins 18 . Jahrhundert Krieg führte. Der Ritterliche Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem (Johanniterorden) hat eine jahrhundertelange Geschichte, dessen Ursprung in einem Johannes dem Täufer geweihten Pilgerhospital von 1048 in Jerusalem liegt. Seither sehen die Johanniter ihren „Doppel- auftrag“ in der Hinwendung zu Kranken und Armen sowie in der Verteidigung Spätestens mit der Konvertierung der Balley Brandenburg zum evangelischen Glauben seit 1538 war die Abgrenzung zum sonst katholischen Gesamtorden vollzogen, ohne dass die Balley sich völlig von ihm trennte. In ihrer Verantwortung entstanden das Johanniterschloss Sonnenburg sowie weitere Ordensburgen, Verwaltungs- sitze und Kirchen beidseits der Oder, zum Beispiel in Friedland, Łagów, Świebodzin oder Sulęcin. Das Wirken der Johanniterritter beeinflusste die Entwicklung der Oder-Warthe-Region entscheidend. Unter dem niederländi- schen Herrenmeister Johann Moritz von Nassau-Siegen sorgte der Orden nach dem Dreißigjährigen Krieg für Neuordnung und Wiederaufbau. Im 18 . Jahrhundert war er maßgeblich an der Trockenlegung des Sumpfgebiets Warthebruch beteiligt und gründete auf der daraus entstandenen Landfläche etwa 40 neue Dörfer und Vorwerke. Um 1790 umfasste der Besitz der Balley insgesamt über 100 ländliche Siedlungen. Die Johanniter schufen Arbeit und Einkommen und sorgten für eine gewisse gesundheitliche Betreuung der Bevölkerung. Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon 1806 wurde der Großgrund- besitz des Ordens aufgelöst und in das Königreich Preußen überführt. Nach einer Übergangszeit als preußischer Ehrenorden kehrten die Johanniter 1852 / 53 zu ihrem ursprünglichen auf die Krankenpflege konzentrierten Jerusalemer Konzept mit einer wach- senden Zahl von Krankenpflegeein- richtungen zurück. Im Ersten Weltkrieg zeichneten sich die Johanniter durch ihr starkes Engagement für eine organisierte Kranken- und Versehrten- pflege aus. Der Zweite Weltkrieg brachte Verfolgung und Tod für neun Johanniter im Widerstand. Ordensritter Graf Carl-Hans von Hardenberg, der von Schloss Neuhardenberg aus das Hitlerattentat von 1944 mitorganisierte und ebenfalls verhaftet wurde, über- lebte den Krieg knapp. Mit dem Ende des Krieges wurde die Region geteilt, ehemalige Ordensstätten östlich der Oder wurden schwer erreichbar. Zudem enteignete man in der Volksrepublik Polen fast alle evangelischen Kirchen und wandelte sie in katholische um. Angehörige evangelischer Konfessio- nen mussten bis in die 1970 er Jahre mit Repressionen rechnen. des christlichen Glaubens. Als rechtli- che Nachfolger eines Teils des 1312 durch päpstliche Verfügung aufgelös- ten Templerordens erweiterten die Johanniter auch in der damaligen Mark Brandenburg ihren Besitz durch zahlreiche Ländereien, Siedlungen und Dörfer. Hier bildete sich bis 1382 die „Balley Brandenburg“ als eigen- Heute stehen die Johanniter haupt- sächlich für die in beträchtlichem Anteil auf Gemeinnützigkeit basie- rende Arbeit am Menschen – im Gesundheitswesen, im Sanitärdienst und mit karitativen Leistungen. Sie sind Träger von Altenpflegeeinrichtungen und Krankenhäusern sowie der Jo- hanniter-Unfall-Hilfe, der Johanniter- Schwesternschaft und der Johanniter- Hilfsgemeinschaften. In Wriezen befinden sich die Evangelischen Johanniterschulen. Die weltweite Auslandshilfe reicht von Südamerika bis nach Südostasien. Die Branden- burgische Provinzial-Genossenschaft des Johanniterordens (ehem. Balley Brandenburg) ist ein „Verein alten Rechts“ mit Sitz in Potsdam. Die Geschichte des Johanniterordens in der Oder-Warthe-Region ist spannend und vielseitig und an vielen Orten gut nachvollziehbar. Im Rahmen eines deutsch-polnischen Förderprojekts wurden 2020 - 22 die „Spuren der Johanniter“ in der Oder-Warthe-Region“ in vier Teilgebiete gegliedert und über lokale und regionale Rundwege verbunden. Zentrum dieses Angebots ist die Ruine des ehemaligen Ordens- schlosses Sonnenburg in Słońsk. www.slady-joannitow.pl Der Johanniterorden in der Region Oder-Warthe Auf den Spuren des Ritterordens beschauliche Städte und Dörfer, sagenumwobene Burgen und Schlösser oder historische Kirchen entdecken. 42

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