Geschichtspfad Kriegsereignisse 1945: Panzerdenkmal und Erster Brückenkopf an der Oder
Das kleine Dorf Kienitz steht symbolisch für die Ereignisse der Endphase des II. Weltkrieges. Am 31. Januar 1945 erreichten in den frühen Morgenstunden leichtbewaffnete Vorausabteilungen der Roten Armee die Oder bei Kienitz und bildeten an der Fährstelle sowie an der Hafenmühle einen Brückenkopf zum Westufer der Oder.
Auf dem Oder-Deich nahe Kienitz, am Weg zur ehemaligen Fähranlegestelle, symbolisiert eine metallene Stele den Übergang der Roten Armee zum Westufer der Oder. Zudem befinden sich in der Mitte des Dorfes Kienitz neben einem Kriegsdenkmal in Erinnerung an den I. Weltkrieg (1914-1918) zwei weitere Denkmäler. Ein sowjetischer Panzer vom Typ T-34 erinnert an die gefallenen sowjetischen Soldaten. Ein zweites Denkmal gedenkt allen Opfern des Krieges 1939-1945.
Mitte Januar 1945 überschritt die Rote Armee die ehemalige Ostgrenze des Deutschen Reiches und bewegten sich mit schnellem Marschtempo in Richtung der Oder. Am 31. Januar 1945 erreichten in den frühen Morgenstunden leichtbewaffnete Vorausabteilungen der Roten Armee die Oder bei Kienitz und bildeten an der ehemaligen Fährstelle sowie an der Hafenmühle einen Brückenkopf zum Westufer der Oder.
Für die Bevölkerung kam dieses Ereignis völlig überraschend. Deutsche Truppen waren nicht im Dorf stationiert. Die Rote Armee wurde, nach Aussagen der Wehrmachtsberichte, noch weit im Osten vermutet. So konnte ein vier Kilometer breiter und zwei Kilometer tiefer Brückenkopf in kürzester Zeit zum Westufer errichtet werden. In großer Eile wurden deutsche Einheiten aus verschiedenen Kampfabschnitten abgezogen und in Marsch gesetzt, um den Brückenkopf wieder zu vernichten.
Auch die Zivilbevölkerung bekam nun mit voller Wucht die verheerenden Auswirkungen des Krieges zu spüren, die sie bisher nur aus Wochenschauen oder Berichten von Fronturlaubern kannten. Am 1. Februar 1945 wurde von der deutschen Luftwaffe der Kienitzer Hafen bombardiert. Zahlreiche Flüchtlinge aus den Ostprovinzen des Deutschen Reiches, die auf ihren Kähnen bis zur Hafenspitze Schutz suchten, wurden durch den Angriff der eigenen Luftwaffe getötet. Die Kienitzer Bevölkerung flüchtete, entgegen dem eigentlichen Flüchtlingsstrom, in Richtung Osten, um den bevorstehenden schweren Kämpfen zu entgehen.
Die Kämpfe um das Dorf Kienitz zogen sich 76 Tage hin, ehe die Rote Armee den Ort endgültig einnehmen konnte. Der Ort wurde zu 80% zerstört. Die letzten Flüchtlinge kehrten im Juni 1945 in ihren Heimatort zurück.
Der kleine Ort Kienitz und sein durchlebtes Kriegsgeschehen verkörpert als symbolische Zeitkapsel alles das, was Menschen an unvorstellbaren Kriegsleiden zugefügt wurde: die Zerstörung der Landschaft, der Häuser, Kriegstote auf beiden Seiten, Hunger, Kälte, Tod, Flucht, Vertreibung, Krankheiten, auseinanderreißen von Familien, der Verlust geliebter Menschen, Gefangenschaft, die Vernichtung von Lebensläufen sowie die nagende Ungewissheit auf das Kommende nach dem Kriegsende.
Reisen in die einzigartige Geschichte der deutsch-polnischen Grenzregion Oder-Warthe - Geschichtspfad Kriegsereignisse 1945