Das ehemalige Bahnhofsgebäude Seelow (Mark) ist ein repräsentativer Zweckbau aus dem 19. Jahrhundert in typischer Bahnarchitektur. Das Empfangsgebäude aus dem deutschen Kaiserreich hat seine Funktion dauerhaft verloren, obwohl der Bahnhof an der Strecke Frankfurt (Oder) – Eberswalde noch in Betrieb ist. Über die Bahn sind die Metropole Berlin und regionale Gedenkorte erreichbar. Weiterhin dient der Standort als Haltepunkt des regionalen Busverkehrs und es führen Rad- und Wanderwege (E 11) unmittelbar am Bahnhof vorbei.
Im Rahmen des Förderprojekts wurde das Gebäude umfassend saniert und zu einer Geschichtswerkstatt mit Dokumentationszentrum ausgebaut. Auf 200 barrierefreien Quadratmetern ist im Erdgeschoss ein moderner musealer Lern- und Erlebnisort für die jüngere Regionalgeschichte entstanden, korrespondierend mit der 300m entfernten Gedenkstätte „Seelower Höhen“. Im Obergeschoss befinden sich eine Projektwohnung und Büro- und Archivräume.
Inhaltlich verantwortlicher Träger der neuen Erinnerungsstätte ist der Geschichts- und Heimatverein Gusow-Platkow e.V. Das Ausstellungskonzept befasst sich mit der einschneidenden Epoche der Vor-, Kriegs- und Nachkriegsjahre zwischen 1930 und 1960:
„Thema der Ausstellung ist das Schicksal einer brandenburgischen Region in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Es geht um die Erfahrung von NS-Regime und Krieg, Flucht, Wiederaufbau und Sozialismus. Wie mit einer Lupe betrachtet die Ausstellung, wie sich „große Geschichte“ im kleinen Format der Oderregion und seiner Bewohner auswirkte, welche Voraussetzungen der Krieg hier fand und wie er langfristig nachwirkte. Gegenüber dem etablierten Seelower Schlachtengedenken vollzieht die geplante Ausstellung einen Perspektivwechsel. Im Mittelpunkt stehen Fundstücke und Erlebnisberichte aus der Region.“
Die Stadt Seelow verfolgt mit dem Projektansatz folgende primäre Ziele:
Einrichtung einer Geschichtswerkstatt für die besondere Geschichte der heutigen Grenzregion ab 1930
- damit thematische und räumliche Ergänzung der musealen Darstellung Gedenkstätte Seelower Höhen und Erweiterung des Wirkungskreises
- Aufbau einer Dauerausstellung sowie von thematischen Sonderausstellungen
- Einrichtung einer Dokumentationsstätte für die tiefere Erforschung und Präsentation dieses Geschichtsabschnitts
- Aufbau eines Büros für das Netzwerkmanagement zum grenzübergreifenden Tourismus-Cluster "Stätten der Erinnerung"
- Vernetzung mit den übrigen Stätten der Erinnerung als touristische Marke und Gesamtpaket der Region Oder-Warthe, insbesondere mit dem Kommunikationszentrum in Kostrzyn nad Odra und dem Zentrum für historische Bildung in Słońsk
- Nachhaltiger Nutzungswandel eines historisch bedeutsamen Bauwerkes
Unweit des Bahnhofs befindet sich mit der Gedenkstätte Seelower Höhen die Erinnerungsstätte der Trauer und Mahnung an die gleichnamige Schlacht 1945. Das (Sieger-) Mahnmal des sowjetischen Soldaten, inkl. der Kriegsgräberstätte seiner Waffenbrüder zu seinen Füßen, geben eine eingeschränkte Erinnerungsperspektive für die Gedenkstätte vor, die darüber hinaus ein kleines Museum und eine Kriegsgeräteausstellung enthält. Dieses international bedeutsame Handlungsfeld soll mit dem „Geschichts-Bahnhof“ in unmittelbarer Nähe um eine regionale Perspektive erweitert werden und dient als wichtige Ergänzung zum „Weltblick“ auf die Gedenkstätte Seelower Höhen.